So funktioniert die Digitalisierung der Unterlagen im Bundesarchiv

CMI-Blog
David Gubler, CMI-Projektpartner in der Realisierung des Online-Zugangs für das BAR, im Interview: Er stellt dar, wie die Digitalisierung der Unterlagen im Bundesarchiv „on demand“ funktioniert. Das nächste Kundenmagazin „Interna“ vom März 2020 wird digitaler. In vier Blogbeiträgen berichten CMI-Kunden, Partner und CMI-Mitarbeitende über grosse Projekte, die Einführung neuer CMI-Lösungen und ihre Erfahrungen damit. Als Vorgeschmack auf das neue Kundenmagazin erhalten Sie diese vier Beiträge im Voraus. Der Link zum gesamten Kundenmagazin folgt im März. Im dritten Interview dieser Serie berichtet David Gubler, Leiter Betrieb der Captum AG, über das Projekt „Vecteur“. Blog zzzz (Original) David Gubler, Leiter Betrieb der Captum AG und Geschäftsführer der CMI-Partnerfirma GBL Gubler AG

Herr Gubler, Sie haben für den Online-Zugang des BAR die Digitalisierungsplattform bereitgestellt. Welchen Auftrag hatten Sie konkret?

Das Hauptziel des Projektes „Vecteur“ ist die Realisierung, Einführung und Pflege der gesamten technischen und organisatorischen Infrastruktur zur Massendigitalisierung von heterogenem Archivgut im Bundesarchiv. Die volle Produktionskapazität umfasst eine Auftragsmenge von 20 000 Dossiers pro Jahr. Wir haben die konzeptuellen Grundlagen mit der Auftraggeberin verfasst. Wir realisieren und warten die Soft- und Hardwarekomponenten für diese Infrastruktur und leisten Wartung und Support beim Kunden. Wir integrieren eine Open-Source-Software* und passen diese an die individuellen Bedürfnisse des BAR an. Als verantwortliche Teilprojektleiter sind wir beteiligt beim Initiieren, Planen, Steuern, Kontrollieren und Abschliessen des Projektes. *Open-Source-Software: Der Quellcode ist frei zugänglich und beliebig kopier-, nutz- und veränderbar.

Wo lagen die grossen Herausforderungen für die Captum AG in der Umsetzung des Projekts?

Einerseits handelt es sich um eine grosse Projektorganisation mit über 70 Beteiligten aus mehreren Bundesämtern. Dazu kommen mehrere externe Partner. Ferner ist es ein IT-Projekt mit Schnittstellen in die anspruchsvolle Systemlandschaft der Bundesverwaltung. Der Koordinationsaufwand ist erheblich. Dies braucht von allen Seiten Verständnis und Entgegenkommen. Das Projekt „Vecteur“ hat Pioniercharakter in der Branche. Wir arbeiten eng mit dem BAR sowie weiteren Vertretern der Fachgemeinde zusammen, um die technischen und organisatorischen Neuerungen abzustimmen. Für die Mitarbeiter am BAR bedeutet das Projekt grundlegende Veränderungen in den Arbeitsprozessen. Eine solche Transformation ist für jede Institution eine Herausforderung und wir können hier unsere langjährigen Erfahrungen als Dienstleister in diesem Bereich einbringen.

Was bedeutet Digitalisierung «on demand»?

„On demand“ bedeutet, dass auf Bestellung der Benutzenden das Archivmaterial innerhalb nützlicher Frist digitalisiert und als Digitalisat (hier am BAR in digitaler Form) bereitgestellt wird. Natürlich werden dabei allfällige Schutzfristen oder andere Einschränkungen der Benutzung berücksichtigt. Aufgrund der grossen Nachfrage braucht es momentan etwas Geduld, mittelfristig sollen die Digitalisate innerhalb von 48 Stunden nach Bestelleingang zur Verfügung stehen.

Wie viele Personen Ihres Teams waren am Projekt «Vecteur» beteiligt?

Die vorgesehene Laufzeit des Projekts sowie die Wartung und der Betrieb über zwölf Jahre erfordert eine langfristige Verbindlichkeit aller Beteiligten. Entsprechend pflegen wir unser Team von Software-Architekten, Projektmanagern, Entwicklern, DevOps Engineers und Business Analysts. Gemeinsam stellen sie das Rückgrat für eine langfristige, belastbare Projekt-, Support- und Wartungsorganisation sicher.

Stehen Folgeprojekte an?

Mit dem Projekt „Vecteur“ des BAR haben wir unter anderem eine Softwarekomponente des Projektes, das Workflow-Management-System* Kitodo.Production, massgeblich weiterentwickelt. Die aktive Open-Source-Community trägt zu kontinuierlichen Weiterentwicklungen bei. Dabei sind auch Komponenten wie OCR-D** und IIIF*** berücksichtigt. Wir sind überzeugt, dass viele Institutionen in diese Richtung unterwegs sind. Kitodo.Production lässt sich je nach Grösse und Bedarf einer Institution modular integrieren und wir freuen uns auf weitere Projekte dieser Art. *Workflow-Management-System: Optimieren Geschäftsprozesse. **OCR-D: Software, die handschriftliche Texte extrahiert. ***IIIF: Von Archiven verwendeter Service zur digitalen Herausgabe von Bildern und Objekten.

Ganz zum Schluss…

Das BAR ist in der Archivwelt eine exponierte Institution. Deshalb braucht es Mut, ein Projekt in dieser Konsequenz anzustossen. Als KMU wie auch als Bestellerin braucht es Mut und Durchhaltewillen, eine Open-Source-Lösung zu entwickeln und eine tragfähige Community auszubauen. „Vecteur“ ist ein Pionierprojekt und zeigt exemplarisch, wie wichtig es ist, IT-Projekte auch als Projekte mit Veränderungscharakter aufzufassen und zu planen. Zentral dabei ist eine fundierte Vertrauensbasis und ein stetiger Dialog zwischen den Beteiligten, so kann auch einmal eine Krise verarbeitet werden. Damit geht ein riesiger Dank an das ganze Team „Vecteur“, aller beteiligten Organisationen, für den Pioniergeist und die motivierte Zusammenarbeit.

David Gubler, herzlichen Dank für das Interview.

Hier geht’s zum Online-Zugang. Der Medienmitteilung des BAR entnehmen Sie weitere, spannende Informationen. Lesen Sie alle Online-Interviews unserer aktuellen Interna-Ausgabe: Bei welcher weiteren Organisation würde sich aus Ihrer Sicht das Digitalisieren „on demand“ als sehr nützlich erweisen? Weshalb? Vielen Dank für Ihren Kommentar.
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