Liechtenstein digitalisiert die Landesverwaltung und setzt aufs “digitale Original”

Liechtenstein und das digitale Original

Bild: Regierungsgebäude, Information und Kommunikation der Regierung Liechtensteins, Fotograf: Martin Walser

Die Landesregierung, die Landesverwaltung und die Botschaften Liechtensteins stellen mit CMI auf die digitale Aktenführung um. Das digitale Dokument gilt als Original und Dokumente werden bei Bedarf elektronisch signiert.

CMI - die SOftware, die die Landesverwaltung digitalisiert

Zwischen 2018 und 2023 stellt die Liechtensteinische Landesverwaltung komplett auf die digitale Aktenverwaltung um. Ein wichtiges Puzzlestück dieses Projekts, das den Namen LiVE trägt, ist die Geschäftsverwaltungssoftware von CMI. Bereits seit 2013 wird CMI Protokoll für die Regierungssitzungen verwendet, seit 2018 ist auch die Geschäftsverwaltung im Einsatz. Die Software für die Geschäftsverwaltung dient als Grundlage der digitalen Transformation. Im Zuge dieser Umstellung setzt sich die Landesverwaltung das Ziel, anstelle des physischen Dokuments das „digitale Original“ einzuführen. Das Amt für Justiz wurde zuerst umgesetzt, gefolgt von weiteren Amtsstellen wie Regierungssekretariat und –kanzlei, dem Amt für Kultur und den sechs diplomatischen Vertretungen in Europa. Mittlerweile sind 23 Amtsstellen, inklusive der Generalsekretariate der fünf Ministerien soweit. Nach Projektabschluss werden 45 Verwaltungseinheiten ihre Akten digital führen.

Das Projektteam hinter LiVE

Das Kernteam LiVE besteht aus vier Personen. Aus der Liechtensteinischen Landesverwaltung sind Monique Jäggi (Amt für Kultur, Fachstelle LiVE) sowie Peter Scheiwiller (Amt für Informatik, zuständiger Business Consultant) Teil des Teams. Dazu gehören ein externer Projektleiter sowie eine Person aus dem CMI Kompetenzcenter.

Projektteam LiVE

Bild: Monique Jäggi, Amt für Kultur, Fachstelle LiVE und Peter Scheiwiller, Amt für Informatik, interner Projektleiter, Bildquelle: Information und Kommunikation der Regierung Liechtenstein, Fotograf: Sven Beham

Monique Jäggi und Peter Scheiwiller setzen das Projekt in der Landesverwaltung hoch professionell um. Dazu gehört, dass sie die Amtsstellen nahe miteinbeziehen, um den individuellen Bedürfnissen der Ämter gerecht zu werden.

«Akten digital zu führen, hat höchste Priorität. Mit CMI führen wir sie zentral und mit einem einzigen System.»

Monique Jäggi, Amt für Kultur, Fachstelle LiVE – Liechtensteinische Landesverwaltung

Liechtenstein setzt CMI noch nicht als komplettes GEVER-System ein; der Fokus liegt vorerst bewusst nicht auf Geschäftsprozessen, Aufgaben oder Workflows. Das Fürstentum konzentriert sich in einem ersten Schritt auf die digitale, rechtssichere Aktenführung und Aktenablage. Innerhalb des Gesamtprojekts LiVE wird jede Amtsstelle als eigenes Projekt geführt und digitalisiert. Dazu gibt es jeweils eine eigene Projektstruktur und Projektmitglieder. Für diese sorgfältige Einführung nimmt sich Liechtenstein sechs Jahre Zeit. Gibt es in den Amtsstellen spezielle Fachanwendungen (z.B. Grundbuch, Steuerverwaltung), werden diese je nach Umfang und Komplexität eigenständig «digitalisiert» und je nach Situation mittels CMI API an CMI angebunden.

"Digitales Original" - was heisst das?

Noch vor Beginn des Projekts holte das LiVE-Team das Commitment der Regierung ab. Diese sagt ausdrücklich: „Ja, wir wechseln zum digitalen Primat. Wir wollen digital werden.“

Vom Posteingang über die Aktenbildung, -bearbeitung und –ablage bis hin zum Postausgang und der Archivierung der archivwürdigen Unterlagen, werden im benachbarten Fürstentum künftig primär nur noch digitale Aufzeichnungen verarbeitet. Physische Dokumente fallen weg. Das digitale Dokument wird zum Original, dem kein zusätzliches physisches Dokument mehr zugrunde liegt.

Doch was ist ein „digitales Original“ genau? Zum einen, wenn ein Dokument von Beginn weg digital erstellt wird. Zum anderen entsteht ein solches, wenn ein physisch vorliegender Inhalt durch Scanning digital erfasst wird. Eine Bedingung für das digitale Original ist im letzteren Fall, dass am Inhalt keine unerkannte Veränderung entstehen kann. Ist diese Bedingung erfüllt, erhält das Digitalisat den Status „Original“.

Für das Scanning des Posteingangs arbeitet Liechtenstein mit CMI und der Firma TCG zusammen. Das Ziel ist es, den gesamten Posteingang zentral und einheitlich zu scannen. Momentan erledigt das jede Amtsstelle separat. Ein genau festgelegter Prozess regelt, wer das Scanning in den Amtsstellen wie durchführt. Damit der Scanningvorgang als rechtssicher gilt, mussten zudem einige Massnahmen an allen beteiligten Systemen vorgenommen werden, um die Nachvollziehbarkeit und Transparenz zu gewährleisten und zu dokumentieren.

Die Amtsstellen dürfen physische Dokumente erst vernichten, wenn das gescannte Dokument den Prozess der Qualitätsprüfung und –sicherung durchlaufen hat. Dieser Zeitpunkt wird üblicherweise auf drei bis sechs Monate festgelegt.

Welche Voraussetzungen sind für die Umstellung auf das "digitale Original" nötig?

Liechtenstein hat für diese Umstellung die entsprechenden rechtlichen Grundlagen (insb. E-Government-Gesetz) geschaffen. Das Gesetz trat am 1.1.2012 in Kraft. Es ermöglicht den Behörden digital zu arbeiten und macht digital erstellte Dokumente rechtsverbindlich zum digitalen Original. 2019 legte eine Verordnung fest, dass – sobald alle technischen Voraussetzungen gegeben sind – digital gearbeitet werden muss. Seit einer Gesetzesänderung per 1.1.2021 ist die Verwaltung des Fürstentums Liechtenstein dazu verpflichtet, digital zu arbeiten und spätestens ab dem 1.1.2023 untereinander und mit Firmenkunden digital zu kommunizieren.

Gilt das „digitale Original“ für sämtliche Dokumente? Nein. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Dokumente, die Eigentum einer Drittperson sind (z.B. Geburtsurkunden, Kaufverträge von Grundstücken oder Testamente), wie auch Dokumente, wo Spezialgesetze (z.B. Markenregister) die physische Form (noch) vorschreiben.

Weshalb setzt Liechtenstein auf die Digitalisierung und das "digitale Original"?

Die Umstellung auf die digitale Geschäftsführung hat für das Fürstentum Liechtenstein sechs entscheidende Vorteile:

  1. Der Zugang zu den Dokumenten ist für berechtigte Personen jederzeit, ortsunabhängig und einfach möglich.
  2. Es ist klar, wo sich die massgebende, gültige und vollständige Akte befindet. Ein Zusammensuchen der Akten aus Papierunterlagen, Fachanwendungen und dem Laufwerk entfällt.
  3. Geschäftsabläufe sind transparent und nachvollziehbar. In CMI ist immer die neuste Version vorhanden, was die Zusammenarbeit in Projektgruppen oder in amtsübergreifenden Projekten bedeutend erleichtert.
  4. Die Personenunabhängigkeit und Auskunftsfähigkeit sind gewährleistet: Der Zugang zu sämtlichen Informationen ist für stellvertretende Personen jederzeit sichergestellt.
  5. CMI ist eine medienbruchfreie Plattform. Sie vermeidet den übermässigen E-Mail-Versand.
  6. Amtsleitende haben jederzeit einen strukturierten und übersichtlichen Einblick in alle Geschäfte.

     

Die elektronische Unterschrift ist die digitale Zukunft

Wo vorher aus reiner Höflichkeit oder Gewohnheit unterschrieben wurde, fällt die Unterschrift mit der Umstellung auf das digitale Original weg. Bei E-Mails ist dies bereits Usus, bei anderen Formen wie einem Brief bedeutet dies eine Umstellung.

Bei Dokumenten, wo eine Unterschrift notwendig ist, wird diese in digitaler Form angebracht. Welche Dokumente genau unterzeichnet werden müssen, richtet sich nach der Gesetzeslage und wird in jeder Amtsstelle abgeklärt.

Für die sogenannte Amtssignatur kommt ebenfalls die CMI Lösungsplattform ins Spiel. Mit CMI verrichtet die Verwaltung digital die tägliche Arbeit. Nun bietet der gewohnte Leistungsumfang eine bedeutende Erweiterung. Dank des externen Signaturdienstes, der an CMI angebunden wurde, versieht die zuständige Person das digitale Dokument mit der Amtssignatur. Mit diesem Web-Service wird die elektronische Signatur ganz einfach und innerhalb weniger Sekunden per Mausklick angebracht. Die Signierung versetzt das Dokument automatisch in ein PDF-Format und eine Schlussversion. Bei der Signierung kann je nach Funktion und Berechtigung zwischen verschiedenen Amtssignaturen, zum Beispiel in verschiedenen Sprachen, gewählt werden.

Amtssignatur

Bild: Demosignatur der Liechtensteinischen Landesverwaltung

Als EWR-Mitglied hat das Fürstentum Liechtenstein für die Amtssignatur ein fortgeschrittenes Siegel gemäss EWR-Vorgaben gewählt, welches für juristische Personen verwendet werden kann. Die Amtssignatur ist keine persönliche Signatur, sie gewährleistet jedoch Authentizität wie auch Integrität und ist in digitaler wie ausgedruckter Form rechtsgültig. Auf der Webseite der Liechtensteinischen Landesverwaltung findet sich ein Link, worüber digital signierte Dokumente geprüft werden können. Unabhängig davon, ob in der Regierung in Vaduz oder in der Botschaft in Brüssel; unterschriftsberechtigte Mitarbeitende signieren ihre Dokumente schnell, einfach und medienbruchfrei direkt in CMI.

CMI goes international

Blogbeitrag CMI in Liechtenstein im Einsatz

Bild: Domenik Wanger, Botschafter an der Vertretung Liechtensteins beim Europarat in Strassburg, Fotograf: Alban Hefti

«Meine Unterlagen stehen mir jederzeit zur Verfügung, sei es im Büro oder an Sitzungen im Europarat. Die Zusammenarbeit ist auch mit meiner Stellvertreterin in Vaduz komfortabel: wir arbeiten an verschiedenen Orten aber gemeinsam an denselben Dokumenten.»

Domenik Wanger, Botschafter an der Vertretung Liechtensteins beim Europarat in Strassburg

Sogar die sechs diplomatischen Vertretungen Liechtensteins in Europa (Wien, Berlin, Strassburg, Brüssel, Genf und Bern) und demnächst in den USA sind in den Digitalisierungsprozess der Landesverwaltung eingebunden. Die Botschaften wurden 2019 umgesetzt und arbeiten bereits seit zwei Jahren mit CMI. Auch dort gilt das digitale Original, Akten und Aufzeichnungen können unmittelbar mit Vaduz ausgetauscht oder gemeinsam bearbeitet werden. Doch wie wurden die Amtsstellen digitalisiert, die nicht gerade „um die Ecke“ liegen?

Nach einer konzeptuellen Planung besuchte Monique Jäggi und der zuständige Projektleiter aus dem Amt für Informatik zwei Botschaften sowie das Amt für Auswärtige Angelegenheiten, welches eng mit den Botschaften zusammen arbeitet. Daraus entstand innerhalb von zwei Monaten ein Grundkonzept für die Umsetzung. Anschliessend wurden die weiteren vier Botschaften besucht. Der Einführungsbesuch dauerte in allen Botschaften jeweils einen Tag. Das Projekt wurde vorgestellt, Konzeptfragen geklärt und die nötige Infrastruktur bereitgestellt. Innerhalb von insgesamt nicht einmal fünf Monaten wurde die erste der Botschaften auch schon umgestellt, die anderen folgten unmittelbar. Dabei profitierten die Botschaftsmitarbeitenden von einer erneuten Vor-Ort-Betreuung mit Schulung und Unterstützung beim Betriebsstart. Der Rest geschah durch „Learning by Doing“ und mit Fernunterstützung. Was einfach tönt und sehr speditiv durchgeführt wurde, bedurfte einer minutiösen Vorbereitung.

CMI zieht den Hut vor dieser Meisterleistung. Wir freuen uns, dass unsere Software mit dem Einsatz in den Botschaften internationale Luft schnuppert. Die Geschichte des digitalen Originals und der digitalen Unterschrift hat eben erst begonnen. Toll, dass CMI die ersten Kapitel dieser Zukunftsgeschichte mitschreiben darf. Gleichzeitig macht es uns stolz, die Landesverwaltung Liechtenstein weiterhin auf ihrem Weg der Digitalisierung begleiten zu dürfen.

Arbeiten Sie bereits mit dem digitalen Original und oder der elektronischen Signatur? Schön, wenn Sie im Kommentar Ihre Erfahrungen mit uns teilen.

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